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Zwischen Tradition und Nachwuchssorgen Vereine in der Krise

Obernau1Immer weniger Spielmannszüge in der Region – Großes Treffen in Obernau an diesem Wochenende mit Festzug

Mehr als 400 Spielleute aus der Region und weit darüber hinaus treffen sich an diesem Wochenende in Obernau, um den 70. Geburtstag des dortigen Spielmanns- und Fanfarenzugs zu feiern und zwar groß: mit Festzelt und Festzug. Allerdings täuscht die beeindruckende Teilnehmerzahl, denn viele Spielmannszüge stecken– so wie viele andere Vereine auch– in einer Krise, auch in unserer Region.

Den Schweinheimer Spielmannszug gibt es schon lange nicht mehr, der Stockstädter hat sich vor zwei Jahren aufgelöst und der Goldbacher »ist gerade noch so spielfähig«, wie Leiter Arnold Windischmann sagt. Deutschland weit stehen Spielmannszüge vor dem Aus oder zumindest vor einer ungewissen Zukunft. Es fehlt der Nachwuchs.

Das bestätigt Gabi Schweiger vom Landesverband für Spiel mannswesen in Bayern (LSW): »Die Corona-Pandemie hat den Vereinen sehr geschadet, Mitglieder sind weggeblieben, neue, junge nicht nachgekommen.« Genaue Zahlen hat die LSW-Vorsitzende zwar nicht, aber dafür das Ohr an der Basis, und was sie da hört, stimme sie traurig.

Doch es gibt Ausnahmen, wie den 35 Aktive zählenden Obernauer Spielmannszug. Mindestens 100 Helfer seien am Wochenende dafür auf den Beinen, berichtet Abteilungsleiter Ronny Dreyhaupt und fügt hinzu: »Ja, wir sind noch gut aufgestellt«, unter anderem weil damals einige Spielleute aus Schweinheim nach Obernau gewechselt seien.

Fest und Clubabend

Aber uneingeschränkt optimistisch in die Zukunft der Abteilung, die Mitte der 1970er-Jahre 63 Aktive zählte, blickt auch er nicht. »Wenn wir in den nächsten Jahren nicht mehr Nachwuchs in unsere Reihen bekommen, sieht es auch nicht mehr so gut aus.« Wer heute junge Menschen motivieren will, einem Verein beizutreten, dabei zu bleiben und sich aktiv zu beteiligen, muss sich einiges einfallen lassen. So wird beim Obernauer Spielmannszug nicht nur regelmäßig musiziert, sondern auch gefeiert: Sommernachtsfest, Weihnachtsfeier, Clubabend. Regelmäßig finden Zeltlager statt und alle zwei Jahre ein Vereinsausflug. »Die Gemeinschaft ist das, was uns verbindet«, sagt Ronny Dreyhaupt. »Die Musik ist unser Hobby.« Ein Hobby, für das er regelmäßig Werbung macht, bei Auftritten und in den sozialen Medien. Das war früher nicht nötig. Da sei man quasi über die Eltern oder über Verwandte in den Spielmannszug hineingewachsen, erzählt Josef Göbel, der seit 1972 bei den Obernauen spielt– erst die Fanfare, dann die Lyra. Auch seine Frau lernte er hier kennen.

»Hier wird gelacht und jeder redet mit jedem, jeder ist offen und das gemein same Musizieren macht einfach Spaß«, sagt Leonie Thomas, mit 15 Jahren eines der jüngsten Mitglieder in Obernau. Mit acht Jahren kam sie über ihren Onkel zum Spielmannszug und suchte sich zielstrebig die Fanfare als Instrument aus. »Der Klang gefällt mir.« Auch ihr Vater und ihr Bruder sind mit dabei.

So gut aufgehoben in der Vereinsfamilie wie Josef Göbel und Leonie Thomas fühlen sich längst nicht mehr alle. »Wir mussten unseren Spielmannszug leider vor zwei Jahren auflösen«, sagt Silvia Hock von der TG Stockstadt. Zum Schluss seien es nur noch fünf Aktive gewesen. Immerhin noch 16 Musizierende hat der Spielmannszug vom TV Goldbach. »Früher waren wir mehr als 60«, sagt Stabführer Arnold Windischmann. Auch er bestätigt, dass vor allem nach Corona viele Mitglieder weggeblieben seien.
»Die klassische Spielmannsmusik steht vor einem Umbruch«, ist Rüdiger Sticker überzeugt.

Er ist Vorsitzender des Turnver eins Michelbach, der in seinen Reihen den ältesten Spielmannszug Bayerns beherbergt, der noch 40Aktivezählt. Trotzdem: Auch die Michelbacher plagen Nachwuchs sorgen, wie Sticker sagt. Seit 2015 versucht man ihnen mit einer behutsamen Modernisierung zu begegnen: mit erweiterten Instrumenten, einer modernen Uniform und einem neuen Namen: Spielleuteorchester.

Permanent anpassen

Die Idee dahinter: nicht mehr nur klassische Märsche im Zwei Viertel-Takt spielen, sondern auch orchestrale Musik. »Traditionelle Marschmusik ist zwar auch wichtig und Josef Göbel (67) spielt beim Obernauer Spielmanns und Fanfarenzug die Lyra. Foto: Reith bei Umzügen und Fasching gerne gesehen, aber wenn man zukunftsfähig sein will, muss man sich weiterentwickeln«, sagt Sticker.

Eine permanente Anpassung an neue Zeiten und Anforderungen hat der Straßbessenbacher Musikzug hinter sich. Aus dem 1957 gegründeten Spielmannszug im Radfahrverein Edelweiß wurde mit neu hinzugenommenen Blasinstrumenten ein Musikzug und in den 1970er-Jahren ein Blasorchester. »Geblieben ist eigentlich nur der Name Musikzug«, sagt Dirigent Wolfgang Franz, der nach33 Jahren das Amt des Vorsitzenden an Sohn Julian weitergegeben hat.

Aber auch das ist offenbar kein Allheilmittel: »Wir haben fast keinen Nachwuchs«, sagt Franz, der nicht nur Spielmannszüge, sondern auch Blasorchester und andere Vereine vor einem Umbruch sieht. »Es ist schwierig, die heutige Jugend für das Vereinsleben zu begeistern.« Gabi Schweiger vom Landesverband stimmt ihm zu: »Es sind bei weitem nicht nur die Spielmannszüge betroffen, sondern nahezu alle Vereine; es ist ein generelles Problem in Deutschland, die Kultur scheint nicht mehr so viel wert zu sein«, hat sie festgestellt. Warum das so ist? »Schwer zu sagen, die Jugend heute tickt anders und sie sucht sich andere Beschäftigungen. Vielleicht ist es auch ein Überangebot an Möglichkeiten.«

Rießengroße Familie

Doch die positiven Beispiele wie Obernau, Michelbach oder auch der noch traditionell agierende Spielmannszug »Grenzfähnlein« Furth im Wald (Landkreis Cham) gäben ihr Hoffnung. »Wir Spielmannszügler sind wie eine riesengroße Familie.« Und Familien halten zusammen, gerade in der Not. Arnold Windischmann, der seit 61 Jahren beim Goldbacher Spielmannszug mitmarschiert und ihn seit 32 Jahren als Stabführer anführt, würde das freuen: »Wenn ich den Spielmannszug aufgeben müsste, das wäre für mich mit sehr viel Wehmut verbunden.« Aber nun geht es am Wochenende erstmal nach Obernau, zusammen mit den Michelbachern, den Schimbornern und vielen anderen Spielleuten, die noch nicht aufgegeben haben.

(Quelle: Main-Echo, Nina-Anna Beckmann, Aschaffenburg-Obernau)